Zwischen heute und morgen (eBook)

Spiegel-Bestseller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
576 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-30035-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Zwischen heute und morgen -  Carmen Korn
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In der Fortsetzung ihres Bestsellers «Und die Welt war jung» lässt Erfolgsautorin Carmen Korn einmal mehr Vergangenheit lebendig werden.  Jugendrevolte und Swinging Sixties - eine bewegende Familiengeschichte in bewegten Zeiten.  Ein neues Jahrzehnt bricht an für die Freundesfamilie aus Köln, Hamburg und San Remo. Die 1960er Jahre versprechen Aufbruch, Wohlstand, Lebensfreude. Auch die Kölner Galerie von Gerda und Heinrich floriert. Tochter Ursula in Hamburg erwartet ihr erstes Kind. Sie ist Elisabeth und Kurt, den lebenslangen Freunden ihrer Eltern, dankbar, dass sie ihr und Joachim ein Zuhause geben. Doch das Zusammenleben unter einem Dach ist nicht einfach. Während die nächste Generation nach ihrem Platz sucht im Heute, hält sich Elisabeth lieber am Vergangenen fest, und Kurt nutzt immer öfter die Gelegenheit für kleine Fluchten. Auch in San Remo bringt das neue Jahrzehnt Veränderungen und Abschiede. Vor allem sorgt sich Gianni um Freund Pips, den früheren Pianisten seines Jazzklubs, der mit einem dunklen Kapitel seiner Vergangenheit konfrontiert wurde, das sein Leben weit in die Zukunft hinein verändert hat. Carmen Korn erzählt von den Menschen, von den kleinen Momenten im großen Weltgeschehen, von dem, was ein gelebtes Leben ausmacht. Mit ihrer zweibändigen Drei-Städte-Saga schließt sie an den Erfolg ihrer Jahrhundert-Trilogie über vier Frauen aus Hamburg-Uhlenhorst an und eroberte einmal mehr die Bestsellerlisten. 

Carmen Korn wurde 1952 in Düsseldorf als Tochter des Komponisten Heinz Korn geboren. Nach ihrer Ausbildung an der Henri-Nannen-Schule arbeitete sie als Redakteurin u.a. für den «Stern». Sie ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.

Carmen Korn wurde 1952 in Düsseldorf als Tochter des Komponisten Heinz Korn geboren. Nach ihrer Ausbildung an der Henri-Nannen-Schule arbeitete sie als Redakteurin u.a. für den «Stern». Sie ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.

4. Februar


Köln


«Das Auto sieht aus wie eine Holländische Schnitte vom Bäcker Schmitz.»

«Unten Sahne und oben eine Schicht Kirschmarmelade?», fragte Heinrich.

«Manchmal bist du schnell im Spitzkriegen.»

Heinrich sah Billa von der Seite an.

«War juxich gemeint», sagte sie. Sie schien zu Späßchen bereit, obwohl ihr eine Operation bevorstand. Vielleicht war das Pfeifen im dunklen Wald.

Er hatte sich den neuen Borgward Kombi seines Sohnes ausgeliehen. Weiß mit einem kirschroten Dach. Ihr alter VW war seit Tagen in der Werkstatt. Billas kleiner Koffer stand hinten im Auto, den hatte sie damals im Bunker dabeigehabt und trug ihn nun als Talisman durchs Leben.

Neben dem Koffer lag verpackt eine gerahmte Kopie von Wilhelm Morgners Einzug in Jerusalem, die er Georg vorbeibringen wollte. Das Original, das sein Freund gern besessen hätte, hing im Dortmunder Museum Ostwall.

Er parkte direkt vor dem Backsteingebäude des Evangelischen Krankenhauses, das am Anfang des Jahrhunderts von Kaiserin Auguste Viktoria eingeweiht worden war, Anstaltsarchitektur jener Zeit.

«Du musst nicht mit auf die Station. Sonst denken die noch, du bist mein Mann.»

«Was wäre schlimm daran?», fragte Heinrich.

«Fahr mal gleich zu Georg. Du willst ihm doch das Bild bringen.»

Aber Heinrich ließ sich nicht davon abbringen, sie auf die Station zu begleiten. Er legte Billas Koffer auf einen Stuhl im Zweibettzimmer, in das sie die Oberschwester geführt hatte. Das zweite Bett schien nicht belegt zu sein.

«Gefallen tut mir die Oberschwester nicht. Ich sag dir, dat is ein Drachen. Nu mach schon, dass du zu Georg kommst.»

Auf dem Flur zum Ausgang begegnete ihm die Schwester noch einmal. «Wir werden schon aufpassen auf Ihre Frau», sagte sie. Klang schmallippig dabei.

Heinrich nickte. Vielleicht hatte Billa recht.

 

«Ich war davon ausgegangen, dass Gerda sie hinbringt», sagte Georg.

Heinrich folgte ihm ins Arbeitszimmer. «Gerda ist in der Galerie, um Bilder in Augenschein zu nehmen. Sie wollte das selbst tun, der Maler hat sich auf Jef berufen.» Er packte die Kopie des Morgners aus, die kleiner war als das Original.

Georg blickte ihm über die Schulter. «Ein gutes Bild. Auch wenn ich einer der Spinner bin, die großen Wert darauf legen, das Original an der Wand hängen zu haben. Aber die Farben stimmen, und der echte Morgner wäre wohl auch zu groß für den verbliebenen Platz an meinen Wänden.» Er nahm die Kopie und trug sie zum Fenster. «Das muss eine lang zurückliegende Empfehlung sein, Jef ist seit über vier Jahren tot.»

«Irgendwas irritiert Gerda auch daran.»

«Ist der Kopist namentlich bekannt?»

Heinrich schüttelte den Kopf. «Keine Signatur.»

«Das erinnert ja an den Zyklus von Leo Freigang. Hast du jemals wieder vom elusiven Herrn Jarre gehört?»

«Nein. Er ist im letzten August aus diesem Gasthaus in Hamburg verschwunden. Und du weißt, er hat nicht einmal den in Kommission gegebenen Jägerhof abgeholt.»

Georg nickte. «Habt ihr mal wieder eine Reise nach Hamburg geplant?»

«Spätestens im Mai, wenn Ursels Kind geboren ist. Doch in Hamburg wird unser Lügenbold wohl kaum noch sein. Wo willst du den Jerusalemer Einzug hinhängen?»

«Auf jeden Fall hier ins Arbeitszimmer. Ich nehme an, du weißt, dass ich Sybilla das Wohnzimmer angeboten habe, als Dependance zu ihren Zimmern bei euch, damit sie auch bei mir ein eigenes hat.»

Georg sah an Heinrichs Gesichtsausdruck, dass er davon zum ersten Mal hörte.

«Vielleicht weiß Gerda davon», sagte Heinrich. Hätte die ihm diese Information vorenthalten? Das konnte er nicht glauben. «Wann haben Billa und du darüber gesprochen?»

«Gut zwei Wochen her.»

«Wie hat sie reagiert?»

«Verhaltener, als ich mir vorgestellt hatte.»

«Sie war ziemlich durch den Wind in letzter Zeit.»

«Warten wir ab, ob sie darauf zurückkommt.»

«Wirst du darauf zurückkommen?»

Georg hob die Schultern. Er wusste es nicht.

 

Gerda nahm die Tasse mit dem doppelten Espresso und trug sie in den vorderen Bereich der Galerie. Das Bild, das der Maler dagelassen hatte, lehnte am Ladentisch, die leicht pornografische Liebesszene zweier Frauen ließ sich kaum mit dem jungen Mann in Verbindung bringen, der so arglos ausgesehen hatte wie das Christkind in der Krippe. In welchem Alter wollte er Jef kennengelernt haben?

Leider hatte sie nicht nach dem wann gefragt, nur nach dem wo. In der Eis-Diele auf der Hohe Straße. Da sei Jef oft gewesen und habe rote Cocktails getrunken. Und der junge Maler? Hatte der ein Eis gelöffelt und seine frühen Werke im Schulranzen mit sich getragen?

Sie drehte sich um, als das Wandlungsgeläut der Ladenglocke erklang. «Du bist spät dran», sagte sie, als Heinrich die Galerie betrat.

«Ich habe noch das Auto zu Carla und Uli gebracht. War er da?»

Gerda hob das pastellhelle Bild auf den Ladentisch.

«Eine Gouache. Ziemlich frivol.»

«Dabei hätte ich ihn für noch nicht aufgeklärt gehalten», sagte Gerda.

«Und was erzählt er von Jef?»

«Er habe ihn im Campi kennengelernt.»

«Das hört sich doch glaubwürdig an. Ist das dein Espresso, der da kalt wird?»

Gerda blickte auf die kleine weiße Tasse. «Kalt ist er wohl schon», sagte sie. Nahm die Tasse und trank. «Billa ist gut untergebracht?»

«Ein Zweibettzimmer, noch liegt sie dort allein. Wusstest du, dass Georg ihr angeboten hat, eines seiner Zimmer zu bewohnen, zusätzlich zu denen bei uns?»

«Nein. Bei mir hat sie sich beschwert, sie lebe bei ihm auf der Besuchsritze.»

«Billa hat jedenfalls verhalten auf den Vorschlag reagiert.»

«Das wundert mich. Ich habe die Gouache übrigens in Kommission genommen.»

«Lass uns Ursel fragen, ob sie sich an den jungen Maler aus dem Campi erinnert.»

«Das Bild trägt den Titel Gisel und Ursel. Er war verlegen, als er ihn nannte.»

Heinrich grinste. «Die Hälfte aller Kölnerinnen heißt Ursula», sagte er. «Aber vielleicht kann unsere Tochter auch dazu etwas sagen.»

 

Billas Empörung legte sich nur langsam. Selbstverständlich hatte sie angenommen, sofort ein Telefon auf den Nachttisch gestellt zu bekommen und nicht erst in der kommenden Woche. Was war denn das für eine Herzlosigkeit, sie hier ohne Kontakt zur Außenwelt zu lassen? Ganz allein mit dem trüben Februartag vorm Fenster.

Und wenn sie auf dem Operationstisch liegen blieb, ohne Georg gesagt zu haben, dass sie sein Angebot gerne annähme? Sie hatte nur nicht gleich niedersinken wollen vor Dankbarkeit, in seine heiligen Hallen aufgenommen zu werden.

«Wo wollen Sie denn hin?», fragte die Schwester, als Billa im Mantel vor ihr stand.

«Draußen wird es ja eine Telefonzelle geben.»

«Der Arzt kommt noch zu Ihnen. Der will Sie nicht in ganz Weyertal suchen. Und zum EKG sollen Sie auch. Sie sind wohl der ungeduldige Typ.»

«Ich wusste es doch», sagte Billa, als sie in das Zimmer zurückgekehrt war und ihren Mantel in den Schrank hängte. Mit Drachen kannte sie sich aus.

San Remo


Der Pianist aus Genua sah aus wie Mussolinis klavierspielender Sohn, nur leider war er längst nicht so virtuos. Gianni hatte Romano Mussolini im Sommer 1956 auf dem San Remo Jazzfestival erlebt, der jüngste Sohn des Duce konnte spielen.

Ivo nicht. Vor allem nicht, wenn man sich an Pips erinnerte, und das tat Gianni jeden Tag. Und doch hatte er die Reise nach Hamburg erneut verschoben. Seines Vaters wegen, der den Tod der Nonna kommen sah, gebrechlich, wie sie war. Auch Dottor Muran befürchtete das Schlimmste, die letzte Stunde stünde bevor.

Aber bisher war Agnese nicht gestorben. Die Feierlichkeiten zu ihrem zweiundachtzigsten Geburtstag tauchten die alte Schildkröte noch einmal in Glanz. Und wenn sie auch schwer an Brunos Arm hing, dem älteren ihrer beiden Söhne, sich dazu auf den schwarzen Ebenholzstock mit der massiven Silberkrücke stützte, sie schaffte es in die erste Reihe des Kirchengestühls der Madonna della Costa, um die Kerzenprozession an Mariä Lichtmess abzunehmen, von der sie ein Leben lang glauben wollte, sie fände zu Ehren von Agnese Cannas Geburt statt.

Gianni verzog das Gesicht, als Ivo nun den Siegertitel des Festivals spielte. Bei Tony Dallara hatte dieser typisch italienische Schmachtfetzen noch leidenschaftlich geklungen, bei Ivo dagegen schleppte sich Romantica über die Klaviertasten.

Warum hatten Jules und er die Schwächen dieses Pianisten beim Probespiel nicht erkannt? Weil er ein gut vorbereitetes Medley von Filmmusiken dargeboten hatte? Three coins in the fountain und My foolish heart, dann noch Leslie Carons Hi-Lili Hi-Lo, das alles leicht verjazzt, zu leicht verjazzt, sie hatten das für eine Kostprobe gehalten, doch es war das ganze Programm gewesen.

Nun verbrachte Ivo die Nachmittage in der Bar, um sein...

Erscheint lt. Verlag 13.9.2022
Reihe/Serie Drei-Städte-Saga
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 1960er Jahre • Bestsellerautorin • bestsellerliste spiegel aktuell • Deutsche Geschichte • Familienroman • Familiensaga • Generationenroman • Geschenk • Hamburg • Historischer Roman • Italien • Jahrhundertsaga • Köln • Muttertagsgeschenk • Nachkriegszeit • Riviera • Saga • San Remo • Sechziger Jahre • Spiegel Bestseller-Autorin • Töchter einer neuen Zeit • Und die Welt war jung • Wirtschaftswunder • Zeitgeschichte
ISBN-10 3-644-30035-6 / 3644300356
ISBN-13 978-3-644-30035-4 / 9783644300354
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