Palliative Care in der stationären Altenpflege (eBook)

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2016 | 1. Auflage
192 Seiten
Schlütersche (Verlag)
978-3-8426-8811-7 (ISBN)

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Palliative Care in der stationären Altenpflege -  Angela Paula Löser
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2 DIE ZIELE BEI DER IMPLEMENTIERUNG DES HOSPIZ- UND PALLIATIVGEDANKENS


Bereits Cicely Saunders, die Begründerin des ersten Hospizes in London vor mehr als 60 Jahren, forderte: »Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.«3

Am Lebensende wird die nun verbleibende Zeit zur wichtigsten Ressource dieses Menschen. Diese Zeit soll so gut gelebt werden können, wie es eben geht. Wenn der nahende Tod unabwendbar geworden ist, zählt nicht die Verlängerung der verbleibenden Lebenszeit, sondern ihre Qualität. Jetzt wird es wichtig, dafür zu sorgen, dass die Lebensqualität des Betroffenen weitgehend erhalten bleibt oder wiederhergestellt wird. Er soll in der Lage sein, die Dinge und Aufgaben zu tun und zu regeln, die ihm wichtig sind. Das Ziel allen Handelns besteht darin, ein »gutes Sterben« bzw. einen »guten Tod« zu ermöglichen.

Auch in Zukunft wird es nicht genügend Hospizplätze für alle Sterbenden geben können. Pflegeeinrichtungen sind daher aufgefordert, die Philosophie des Hospizgedankens aufzunehmen und daran angelehnt entsprechende Kultur und Konzepte zu entwickeln, mit denen die Umsetzung der palliativen und hospizlichen Handlungen gelingen kann. Leistungen, die innerhalb der Einrichtung nicht angeboten werden können, sollten aus einem Netzwerk heraus ermöglicht werden – sie gilt es dann »einzukaufen« bzw. über Kooperationen abzubilden. Etwaige Versorgungslücken können so geschlossen und Versorgungsunterschiede zum Hospiz bestmöglich ausgeglichen werden.

Die folgenden vier Ziele, die sich aus der WHO-Definition zum Palliative-Care-Begriff ergeben, sind bei allen Entwicklungsschritten anzustreben:

1. Der Betroffene kann so lange wie möglich selbstbestimmt und unter der Beachtung seiner individuellen Bedürfnisse und Entscheidungen leben.

2. Symptome, die sein Wohlbefinden einschränken, sind weitgehend verhindert oder weitgehend reduziert.

3. Soziale Beziehungen sind gestärkt, können weiter gelebt werden. Der Betroffene und sein Angehöriger fühlen sich nicht alleingelassen.

4. Der Betroffene und sein Angehöriger fühlen sich in ihrer Trauer begleitet und unterstützt.

2.1 Ziele auf der Ebene des Betroffenen


Der Betroffene ist immer als zentrale Hauptperson zu sehen. Er ist hier Intentionalitäts- und Handlungszentrum. Alle Entscheidungen und Handlungen werden immer unter der Beachtung seiner Bedürfnisse, Ziele und Entscheidungen durchgeführt. Dieses wird später unter dem Begriff der »Radikalen Orientierung am Sterbenden« in Kap. 5.3.1 erläutert.

Sämtliche anzustrebenden Ziele sind aus seiner Perspektive zu klären:

Ein gutes Sterben und ein guter Tod sind weitgehend ermöglicht. Der Betroffene kann selbst entscheiden, was er möchte oder nicht, er spürt am ehesten, was ihm gut tut oder nicht.

→ Untersuchungen hierzu belegen, dass die Ziele eines guten Sterbens und eines guten Tods unmittelbar mit der Selbstbestimmungsmöglichkeit verbunden sind. Das Selbstbestimmungsrecht ist so weit zu beachten, wie das innerhalb juristischer Rahmenbedingungen möglich ist. Auch bei einem kognitiv eingeschränkten Menschen ist anhand von Mimik, Gestik und Reaktion zu erkennen, ob er in eine Handlung einwilligt oder nicht. Durch »abwägende Gespräche« mit dem Betroffenen kann ihm auch in gefährlichen oder sogar lebensbedrohlichen Situationen die Möglichkeit gegeben werden, dieses Selbstbestimmungsrecht auszuüben (vgl. BMG 2015. Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen: 10). Ein gemeinsamer Aushandlungsprozess ist geeignet, wenn der Betroffene zu diesem Recht kommen soll.

Die möglichst weitgehende Freiheit von belastenden Symptomen ist die Voraussetzung für den Betroffenen, sein Leben in Ruhe zu bedenken und einen guten Abschluss für sich zu finden.

Ausschließlich Maßnahmen, die das Wohlbefinden des Betroffenen erhalten, wiederherstellen oder steigern, sind geboten und werden nach seiner Einwilligung durchgeführt. Alle Maßnahmen, die die Lebensqualität eher behindern oder reduzieren, werden geprüft und ggf. abgesetzt oder zeitweise unterlassen.

→ Dabei müssen die Auswirkungen auf die weitere Entwicklung des Wohlbefindens des Betroffenen geprüft werden, wenn die Maßnahme unterlassen wird.

Die körperlichen, psychischen, sozialen, spirituell-religiösen Bedürfnisse und Beschwerden des Betroffenen werden beachtet. Der Betroffene erhält entsprechende Angebote.

Der Betroffene fühlt sich bis zum Schluss (bis zu seinem Tod) sozial integriert und erfährt menschliche Unterstützung. Betreuungsleistungen und spirituelle Angebote orientieren sich an seinen Bedürfnissen und an seiner individuellen Biografie.

Eine Krankenhauseinweisung in den letzten Tagen und Stunden sollte verhindert werden. Der Betroffene kann gemäß seiner eigenen Bedürfnisse in der Einrichtung (oftmals als sein Zuhause verstanden) verbleiben, wenn er dort gut versorgt ist.

Die erforderlichen Bedingungen, die für den Sterbenden ein möglichst »gutes Sterben« und schließlich einen »guten Tod« ermöglichen sind erkannt und hergestellt.

Im Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung (HPG) vom 01.12.2015 finden sich neue Regelungen, mit denen die Gesamtversorgung für Menschen auch in stationären Pflegeeinrichtungen deutlich verbessert werden soll.

2.2 Ziele auf der Ebene der Angehörigen und anderer
Bezugspersonen


Oftmals sind Angehörige, Betreuer oder andere Bevollmächtigte in mehrfacher Weise an Entscheidungen und Handlungen beteiligt. Insbesondere wenn der Betroffene nicht oder nicht mehr selbst entscheiden kann, werden sie in Entscheidungsprozessen zu seinem Stellvertreter, nehmen seine Rolle ein. Dies beginnt bereits bei der Auswahl einer geeigneten Einrichtung, bei Entscheidungen zu anzustrebenden Versorgungszielen und zu den erforderlichen Handlungen.

Als Abschiednehmende und Trauernde sehen Angehörige aber auch den möglichen, baldigen Verlust des lieb gewonnen Menschen. Sie streben aus dieser Trauer heraus vielleicht Handlungen an, die ausschließlich einer Lebensverlängerung oder dem Erhalt bislang gewohnter Zustände oder Aktivitäten dienen. Sie bewerten aufgrund eigener Einstellungen die Versorgungsleistungen und legen oftmals andere Maßstäbe zugrunde, als der Betroffene selbst. Hier bedarf es eines Perspektivenwechsels. Auch hat der Betreuer laut Betreuungsrecht so zu entscheiden, wie es dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen entspricht und nicht seinem eigenen.4 Dieses immer einzuhalten, ist für die Angehörigen schwierig – Verstand und Gefühl, Kopf und Seele würden vielleicht unterschiedliche Entscheidungen treffen wollen.

Gleichzeitig gilt der Angehörige ebenfalls als Betroffener. Auch für ihn soll es geeignete Maßnahmen in den Einrichtungen geben, damit er diese schwere Zeit bewältigen kann (vgl. Arbeitshilfe 1, Angehörigenarbeit, S. 118 ff.).

Ein geeignetes Palliativ-Konzept kann hier genutzt werden, um die folgenden Ziele zu erreichen:

Der Angehörige oder Betreuer, der einen Heimplatz sucht, hat die Möglichkeit, sich bereits vor der Aufnahme oder dem Einzug des Betroffenen einen Eindruck über die Zielsetzungen und Angebote der Einrichtung sowie ihrer Netzwerkpartner im Verbund zu machen und zu prüfen, ob sie mit den eigenen Erwartungen übereinstimmen.

Der Angehörige erkennt, dass aktive Sterbehilfe in der Einrichtung keine Anwendung findet, dass aber im Rahmen vorhandener Versorgungsmöglichkeiten alles getan wird, um die Bedürfnisse des Sterbenden soweit und so gut wie möglich zu erfüllen. Er erkennt, dass der Blickwinkel auch auf potenzielle Probleme gelegt wird und diese durch geeignete prophylaktische Maßnahmen möglichst verhindert werden.

Er erkennt, dass er in seiner spezifischen Betroffenheit als Abschiednehmender, Helfender und Trauernder auch wahrgenommen wird und er auf Angebote zur Begleitung, Betreuung und Unterstützung vertrauen kann. Er kennt entsprechende Angebote der Einrichtung.

2.3 Ziele auf der Mitarbeiterebene


Die Mitarbeiter in den Einrichtungen, die die Leistungen erbringen, bringen heute ein hohes Maß an Kompetenz, menschlichen Beziehungen und Fürsorge in den Versorgungsprozess ein. Sie sind für die Steuerung hochkomplexer Prozesse verantwortlich. Diese Prozesse sollen strukturiert, systematisch geplant und im Rahmen von Konzept und Prozessdokumentation aufgezeigt werden.

Die Entwicklung von Konzepten und Prozessbeschreibungen dient somit der Entwicklung einer angestrebten Qualität, der Prüfung ihrer Umsetzung und Erreichung wie auch der systematischen Weiterentwicklung der einzelnen Mitarbeiter.

Die Entwicklung einer entsprechenden Hospizkultur...

Erscheint lt. Verlag 21.11.2016
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Pflege Altenpflege
Medizin / Pharmazie Pflege Palliativpflege / Sterbebegleitung
Schlagworte Abschied • Alte Menschen • Altenhilfe • Hospiz • Hospizgedanke • Hospizversorgung • Palliative Care • Palliativkonzept • Palliativpatienten • Palliativpflege • Palliativstation • Palliativversorgung • Pflegeheim • Pflegeplanung in der Palliativpflege • Sterben • Tod • Trauer
ISBN-10 3-8426-8811-3 / 3842688113
ISBN-13 978-3-8426-8811-7 / 9783842688117
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